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Umsatzsteuer für ärztliche Gutachten


Die Frage, ob ärztliche Gutachterleistungen der Umsatzsteuer unterliegen, hat den Verband in den letzten Jahren immer wieder beschäftigt. Ausgangspunkt war dabei die Bestimmung des § 6 Abs 1 Z 19 Umsatzsteuergesetz 1994 - UStG 1994, nach der seit 1.1.1997 die Umsätze aus der Tätigkeit als Arzt, Dentist, Psychotherapeut, Hebamme sowie als freiberuflich im Sanitätsdienst Tätiger unecht steuerbefreit waren. Fraglich war, ob und inwieweit diese Bestimmung auf ärztliche Gutachtertätigkeiten anwendbar war. Das war deshalb zweifelhaft, weil nach Art 13 Teil A Abs 1 lit c der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG die Mitgliedsstaaten unter anderem die Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung der von dem betreffenden Mitgliedsstaat definierten ärztlichen oder arztähnlichen Berufe erbracht werden, befreien.

Der Hauptverband vertrat dazu in Anlehnung an klare Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes und im Sinn der Judikatur der Gerichte in Gebührensachen seit jeher die Rechtsansicht, dass ärztliche Gutachtertätigkeit in gerichtlichen Verfahren – also in Straf- und Zivilverfahren, aber auch in arbeits- und sozialrechtlichen Verfahren – und auch in Verfahren bei Sozialversicherungsanstalten wie auch in anderen verwaltungsbehördlichen Verfahren, nicht umsatzsteuerbefreit ist. Für ärztliche Gutachtertätigkeit kann und muss daher - soweit nicht die Kleinunternehmerregelung des § 6 Abs 1 Z 27 UStG 1994 anzuwenden ist - ohne jede Einschränkung nach § 31 Abs 1 Z 6 GebAG Umsatzsteuer in Rechnung gestellt werden.

Durch das Abgabenänderungsgesetz 2012 (BGBl I 2012/112) wurde den klaren unionsrechtlichen Vorgaben dadurch Rechnung getragen, dass § 6 Abs 1 Z 19 UStG nun ausdrücklich von Umsätzen aus Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin spricht, die im Rahmen der Tätigkeit als Arzt … durchgeführt werden. Damit soll klargestellt werden,  dass Leistungen durch einen Angehörigen der im Gesetz genannten Berufsgruppen nur befreit sind, wenn sie Umsätze aus Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin darstellen (RV 1960 BlgNR XXIV.GP 39).

Die Umsatzsteuerpflicht für ärztliche Gutachtertätigkeit gilt auch für Privatgutachtertätigkeit zur Verfahrensvorbereitung oder zur Überprüfung oder Bekämpfung von Gutachterleistungen anderer ärztlicher Gutachter.

Lediglich Privatgutachtertätigkeit zur Erstellung einer Diagnose oder zur Erörterung von Behandlungsmöglichkeiten im Rahmen einer Heilbehandlung fällt weiterhin unter die Umsatzsteuerbefreiung (Krammer, SV 2000/4, 174; Krammer, SV 2001/1, 29; Krammer, SV 2004/2, 106; SV 2005/1, 41 mit Anmerkung von Krammer; SV 2006/3, 171).

Damit sind auch Gutachten für Versicherungen über ärztliche Kunstfehler umsatzsteuerpflichtig, weil solche Gutachten weder zur Erstellung einer Diagnose noch zur Erörterung von Behandlungsmöglichkeiten dienen. Nichts anderes gilt – und galt schon bisher -  für Gutachten im Rahmen außergerichtlicher Streitbeilegung.

Die teilweise davon abweichende Auffassung der Finanzverwaltung (zB in Rz 946 der Umsatzsteuerrichtlinien) ist vor dem Hintergrund eindeutiger europarechtlicher Normen nicht haltbar.

Die aktuelle Änderung der Umsatzsteuerrichtlinien des Bundesministeriums für Finanzen (BMF) durch den Wartungserlass 2013, GZ BMF-010219/0420-VI/4/2013 vom 29.11.2013  hat nun wiederum zu zahlreichen Anfragen an den Hauptverband betreffend die Umsatzsteuerpflicht für ärztliche Gutachten geführt.

Mit dem genannten Erlass wurde unter anderem ausgesprochen, dass künftig auch ärztliche Gutachten in Verfahren zur außergerichtlichen Streitbeilegung (also zB Gutachten in Verfahren vor den Schlichtungsstellen der Landesärztekammern) der Umsatzsteuerpflicht unterliegen. Dadurch wird der Eindruck erweckt, dass es im Bereich der ärztlichen Gutachtertätigkeit auch Leistungen geben kann, die nicht der Umsatzsteuer unterliegen. Dies trifft aber weiterhin nur auf Privatgutachten zur Erstellung einer Diagnose oder zur Erörterung von Behandlungsmöglichkeiten im Rahmen einer Heilbehandlung zu.

Dazu ist darauf hinzuweisen, dass USt-Richtlinien die Ansicht der Finanzverwaltung zu wichtigen Bereichen des UStG festhalten, jedoch keine normative Kraft im Sinne von Gesetzen oder Verordnungen haben. Es bleibt daher dabei, dass ärztliche Sachverständigentätigkeit nur im aufgezeigten engen Bereich, in dem die Sachkunde des Gutachters zum Zweck der Heilung eingesetzt wird, keine Umsatzsteuerpflicht auslöst.

Alexander Schmidt
Johann Guggenbichler
21.2.2014
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