Nach dem seit 1.1.2008 geltenden § 14b Abs 1 Sachverständigen- und Dolmetschergesetz (SDG) dürfen sich als
Gerichtssachverständige sowie als
allgemein beeidet und gerichtlich zertifiziert nur jene Sachverständigen bezeichnen, die in der Gerichtssachverständigen- und Gerichtsdolmetscherliste
eingetragen sind. Andere Personen dürfen auf eine gerichtliche Bestellung als Sachverständige
nur im unmittelbaren Zusammenhang mit jenem
Verfahren hinweisen,
in dem sie bestellt sind. Jedes Verhalten, das geeignet ist, die
Berechtigung zur Führung dieser Bezeichnung
vorzutäuschen, ist untersagt. Eine Verletzung dieser Bestimmung wird als
Verwaltungsübertretung mit
Geldstrafe bis zu 10.000 € bestraft (§ 14b Abs 2).
Dipl.Ing. B. war von 1993 bis 1999 in die Gerichtssachverständigenliste eingetragen und ist seither
nicht mehr berechtigt, sich als
allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger zu bezeichnen. In einem Schreiben vom 17.3.2009 bezeichnete er sich als
„Allgemein beeideter gerichtlicher Sachverständiger, em.“, wobei er ein Siegel mit der Aufschrift „Allgemein beeideter gerichtlicher Sachverständiger“ verwendete.
Der
Landesverband Wien, Niederösterreich und Burgenland hat diesen Sachverhalt der zuständigen
Verwaltungsbehörde (Magistrat der Stadt Wien) mit Schreiben vom 30.4.2009
angezeigt. Am 31.7.2009 verhängte das Magistratische Bezirksamt über Dipl.Ing. B. eine
Geldstrafe von Euro 1.800,-- (eine Woche vier Tage 5 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe).
Mit
Berufungsbescheid vom 9.11.2009, UVS-06/4/8163/2009-3, gab der Unabhängige Verwaltungssenat Wien der gegen den Strafbescheid erhobenen
Berufung in der Schuldfrage keine Folge, setzte aber die verhängte
Strafe auf
EUR 700,-- (drei Tage Ersatzfreiheitsstrafe) herab.
Dadurch, dass der Berufungswerber seit 1999 nicht mehr in der Gerichtssachverständigenliste eingetragen sei und er
im Stempel die Bezeichnung "ALLGEMEIN BEEIDETER GERICHTLICHER SACHVERSTÄNDIGER" führe, liege im Hinblick auf die sich daraus ergebende
Täuschung jedenfalls ein Verstoß gegen § 14b Abs 1 SDG vor. Auch wenn nunmehr die
gesetzliche Bezeichnung allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger laute, sei die vom Berufungswerber gewählte Bezeichnung durchaus
geeignet, im Geschäftsleben zu
suggerieren, dass er diese Funktion noch ausübe. Die objektive Tatseite sei daher gegeben.
Da dem Beschuldigten bereits aufgrund einer in einem anderen Verfahren erfolgten
Ermahnung bekannt gewesen sei, dass er zur
Führung dieser Bezeichnung nicht berechtigt sei, habe er die Verwaltungsübertretung in Kauf genommen und
vorsätzlich gehandelt.
Durch die gegenständliche Tat sei das gemäß § 14b SDG geschützte
Interesse an der Vermeidung einer Irreführung durch Verwendung einer geschützten Bezeichnung verletzt worden, weshalb der
Unrechtsgehalt der Tat - selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen -
nicht unerheblich gewesen sei. Das
Verschulden des Berufungswerbers könne, da
Vorsatz angenommen werde,
nicht als geringfügig angesehen werden. Im Hinblick auf die
Korrektur der Tatanlastung (nur mehr die Verwendung des Rundsiegels, nicht aber auch des Briefkopfs) könne selbst beim hier vorliegenden
vorsätzlichen Handeln die
Strafhöhe auf Euro 700,-- reduziert werden, zumal das
Einkommen des Beschuldigten - angesichts der Sorgepflichten für seine Gattin -
unterdurchschnittlich sei.
Download:
UVS Wien UVS-06/4/8163/2009-3
Alexander Schmidt
24.1.2010