image
image
Logo
image
TopText
Punktelinie
Home|Aktuelles|Sachverständige als Zeugen vor Gericht Rechtliche Hinweise
Punktelinie
Sachverständige als Zeugen vor Gericht
Rechtliche Hinweise

In letzter Zeit kommt es vermehrt zu Anfragen von Gerichtssachverständigen, die eine Ladung als Zeuge in einem Gerichtsverfahren erhalten. Ursache ist zumeist, dass die oder der Sachverständige in der konkreten Sache bereits ein Privatgutachten erstattet hat. Zu den damit verbundenen Fragen sind folgende rechtliche Klarstellungen geboten:

Sowohl die Zivilprozessordnung (ZPO) als auch die Strafprozessordnung (StPO) unterscheiden klar zwischen dem Beweis durch Zeugen und dem Beweis durch Sachverständige:

Sachverständige werden über gerichtlichen (behördlichen) Auftrag tätig, stellen sachkundig Tatsachen fest, ziehen daraus Schlussfolgerungen, vermitteln die Kenntnis von Erfahrungssätzen, werden amtlich bestellt und werden angemessen honoriert.

Zeugen berichten Wahrnehmungen über Tatsachen, haben diese nicht zu beurteilen und Schlussfolgerungen zu ziehen, und bekommen kein Honorar, sondern nur Auslagenersatz. Sachverständige Zeugen (zB Privatgutachter) besitzen besondere Sachkunde, haben aber die erheblichen Tatsachen nicht über Gerichtsauftrag wahrgenommen. Sie dürfen bei ihrer Aussage keine Schlüsse ziehen und nur über Tatsachen vernommen werden. Ihre Sachkunde dürfen sie nur als Erkenntnisquelle für die wahrgenommenen vergangenen Tatsachen benützen, aber keine Bewertungen vornehmen und keine Schlussfolgerungen daraus ziehen. Die Rechtsstellung ist daher die eines Zeugen. Man kann sie nicht ablehnen, sie werden wie Zeugen beeidet und bekommen wie Zeugen nur Auslagenersatz, nicht aber ein Honorar.

Für Sachverständige, die als Zeugen vor Gericht geladen werden, ergibt sich daraus folgendes:

Als Zeuge hat man die Pflicht, der Ladung Folge zu leisten und vor Gericht zu erscheinen. Weiters besteht die Pflicht zur wahrheitsgemäßen Aussage über die gemachten Tatsachenwahrnehmungen. Diese Pflichten sind zwangsweise durchsetzbar.

Hingegen besteht für den als Zeugen geladenen Sachverständigen keine Pflicht, wahrgenommene Tatsachen fachlich zu beurteilen, fachliche Schlussfolgerungen zu ziehen oder dem Gericht Rechts- oder Erfahrungssätze zu vermitteln. Eine darauf gerichtete Einvernahme ist unzulässig (vgl RIS-Justiz RS0040558; Frauenberger in Fasching/Konecny2 Vor §§ 320 ZPO Rz 1). Umso weniger ist man als bloßer Zeuge verpflichtet, zum Gutachten eines vom Gericht bestellten Sachverständigen in fachlicher Hinsicht Stellung zu nehmen. Vom sachverständigen Zeugen im Zuge seiner Zeugenvernehmung bekundete Bewertungen und Erfahrungssätze sind unbeachtlich und vermögen insbesondere das vom gerichtlich bestellten Sachverständigen erstellte Gutachten nicht zu erschüttern (8 Ob 110/02p).


Gebührenrechtliche Situation:

Als Zeugen geladene Sachverständige können nur Zeugengebühren, nicht aber Sachverständigengebühren geltend machen. Zeugengebühren sind gemäß §§ 3ff Gebührenanspruchsgesetz (GebAG) die unbedingt notwendigen Reise- und Aufenthaltskosten sowie die Entschädigung für Zeitversäumnis, letztere jedoch nur, soweit der Zeuge durch die Befolgung der Zeugenpflicht überhaupt einen Vermögensnachteil erleidet. Dies ist bei unselbständig Erwerbstätigen, die Angestellte sind, regelmäßig nicht der Fall, weil der Dienstgeber für die Zeit der ladungsbedingten Abwesenheit zur Lohnfortzahlung verpflichtet ist (§ 8 Abs 3 Angestelltengesetz - AngG). Bei Arbeitern kommt es auf die einschlägigen arbeitsrechtlichen Vorschriften an. Bei selbständig Erwerbstätigen beschränkt sich die Entschädigung meist auf 14,20 EUR für jede begonnene Stunde zwischen dem Verlassen der Wohnung/des Arbeitsplatzes und der möglichen Wiederaufnahme der Arbeit. Der Ersatz eines tatsächlichen Verdienstentgangs oder der Kosten eines Stellvertreters wird von der Rechtsprechung nur zuerkannt, wenn der Nachweis erbracht wird, dass in der für die Zeugenvernehmung aufgewendeten Zeit ein konkreter Verdienst erzielt werden hätte können, der nicht zu einer anderen Zeit nachholbar war, oder dass die Bestellung eines Stellvertreters unumgänglich notwendig war.

Eine Mühewaltungsgebühr ist hingegen im GebAG für Zeugen nicht vorgesehen. Diese steht nur dem vom Gericht bestellten Sachverständigen zu.

Wer als Privatgutachter die mit einer allfälligen Zeugenladung verbundene Einbuße verhindern will, müsste eine entsprechende Vereinbarung über den Ersatz solcher Kosten mit dem Auftraggeber treffen.
Johann Guggenbichler
Alexander Schmidt
23.5.2016
Punktelinie
image